ULRIKE VON KLEIST
1774 – 1849
STARKE SCHWESTER UND BÜRGERIN
Philippine Ulrike Amalie von Kleist wird 1774 als zweite Tochter von Caroline von Wulffen und Joachim Friedrich von Kleist in Frankfurt (Oder) geboren. Ulrike ist Zeit ihres Lebens die wichtigste Vertraute ihres Halbbruders Heinrich von Kleist. Sie begleitet ihn auf Reisen in Europa und unterstützt ihn moralisch und finanziell. Ulrike ist es auch, die ihren Bruder als einzige in der Familie in dem Willen, das Militär zu verlassen, unterstützt. Als Heinrich von Kleist 1807 der Kriegsspionage verdächtigt wird, setzt sie sich beim französischen Gouverneur Clarke dafür ein, dass er wieder freigelassen wird.
Bruchstückhaft lässt sich ihr Leben aus den Briefen ihres Halbbruders an sie zusammensetzen. Dass Ulrike nicht vorhat zu heiraten und eine Familie zu gründen, irritiert ihren Bruder. Er versucht sie davon zu überzeugen, den für eine Frau üblichen Lebensweg zu wählen. Ulrike bleibt jedoch unbeirrt und will sich nicht den Rollenvorstellungen ihrer Zeit unterwerfen, sondern selbstbestimmt leben. Sie bleibt Zeit ihres Lebens ledig und kinderlos, sie reist und besucht Vorlesungen an der Universität. Ihr Bruder bittet sie mehrmals, zu ihm nach Berlin zu ziehen, Ulrike entscheidet sich jedoch dagegen und lebt ihr ganzes Leben in Frankfurt (Oder).
Noch in seinem Abschiedsbrief drückt Heinrich von Kleist seine große Zuneigung für seine Schwester aus: „[…] wirklich, Du hast an mir getan, ich sage nicht, was in Kräften einer Schwester, sondern in Kräften eines Menschen stand, um mich zu retten: die Wahrheit ist, daß mir auf Erden nicht zu helfen war.“
Nach seinem Tod 1811 verliert sich auch die Spur Ulrikes zunehmend, obwohl sie ihn um 38 Jahre überlebt. Im Jahre 1820 gründet und leitet sie ein Mädchenpensionat im Familienhaus in Frankfurt (Oder), das sie aus dem Erbe ihrer Mutter erworben hat. Da sie somit zur Grundbesitzerin wird, erhält sie auch den Status einer Bürgerin der Stadt Frankfurt (Oder), ein Recht, das Frauen seit 1822/23 in Preußen nicht mehr zusteht. Gleichwohl schließt dies kein Wahlrecht ein. Der Eintrag in die Rolle der Bürgerin ist einer der wenigen erhaltenen Belege über ihr Leben.
Ulrike von Kleist stirbt 1849 in Frankfurt (Oder) und wird auf dem Alten Friedhof begraben, der sich im heutigen Kleistpark befindet. Im Garten des Kleist-Museums steht eine Replik ihres Grabkreuzes. 2012 wird vor dem Museum eine Gedenktafel im Rahmen des Projekts FrauenOrte im Land Brandenburg für sie enthüllt.