URSULA SELLSCHOPP
1915 – 1998
ÄRZTIN MIT GROSSER EINSATZBEREITSCHAFT
Ursula Sellschopp ist heute noch vielen Frankfurter*innen bekannt: als Frauenärztin mit großer Einsatzbereitschaft, die bis in das hohe Alter von 82 Jahren praktiziert und an die 20.000 Geburten in Frankfurt (Oder) betreut.
Sie wird 1915 als Bauerntochter bei Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern geboren. Als der Vater stirbt, ist sie gerade einmal 5 Jahre alt und muss sich von nun an alleine mit der Mutter um den Hof und die Geschwister kümmern. Schon früh entwickelt sie daher Ehrgeiz und Durchsetzungskraft.
Als Kind zeichnet Ursula Sellschopp sich durch einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit aus, wie eine Anekdote aus dieser Zeit zeigt: Als bei einem Aufsatzwettbewerb ein jüdisches Mädchen die mit Abstand beste Arbeit abliefert, Ursula die Auszeichnung aber aufgrund ihres „besseren Stammbaums“ bekommt, gibt sie diese kurzerhand an die eigentliche Siegerin weiter.
Nach einem Studium in Rostock, Hamburg, München und Berlin wird sie 1940 direkt nach Studienende mit 25 Jahren als Frauenärztin in der Charité dienstverpflichtet. Mit ihrem Instrumentenkoffer zieht sie auch bei Bombenalarm durch Berlin und bleibt bei den Gebärenden. Weil es in Frankfurt (Oder) keine Frauenklinik gibt, müssen viele Frauen noch mit dem Pferdewagen zur Behandlung nach Berlin gebracht werden. Außerdem besteht in Frankfurt akute Seuchengefahr durch die vielen durchreisenden Kriegsflüchtlinge. Daraufhin entschließt sich Ursula Sellschopp 1946 nach Frankfurt (Oder) zu gehen und im Lutherstift eine Frauenklinik zu eröffnen. Als Besonderheit richtet sie eine Wachstation für Neugeborene und Säuglinge ein. Die ersten Krankenbetten bezahlt sie noch von ihrem eigenen Geld und auch danach bleibt der kirchlichen Einrichtung staatliche Unterstützung lange Zeit verwehrt. Ab 1979 arbeitet sie ambulant.
Viele Frauen, die Ursula Sellschopp betreut hat, erinnern sich an eine Frau mit strenger Frisur und hochgeschlossenem Kittel, die einen durchaus etwas rauen und sehr direkten Umgangston an den Tag legte. Gleichzeitig bleibt sie vielen aber auch als eine hervorragende Operateurin und umfassend gebildete Geburtshelferin in Erinnerung, die sich in einer männlichen Domäne als Ärztin behauptet hat.
Im Jahr 1990 eröffnet sie noch mit 75 Jahren ihre eigene Praxis als niedergelassene Ärztin in der Gubener Straße 3 in Frankfurt (Oder). Bis ein Jahr vor ihrem Tod im Jahr 1998 praktiziert sie dort. Nachdem sie sich im Frühjahr 1997 zur Ruhe setzt, wird sie noch im selben Jahr zur Ehrenbürgerin Frankfurts ernannt. Im Jahr 2012 erhält eine Straße im Stadtteil West ihren Namen.