ETA HARICH-SCHNEIDER
1897 – 1986
EINE MUSIKERIN AUS FRANKFURT IN JAPAN
Eta Margarete Schneider wird 1897 in Oranienburg geboren und verbringt ihre Kindheit und Jugend in Frankfurt (Oder). Sie besucht dort die Höhere-Töchter-Schule und absolviert im Anschluss eine Ausbildung zur Konzertpianistin. Nebenbei nimmt sie intensiven Cembalounterricht und konzentriert sich bald auf das Musizieren mit Nachbauten historischer Instrumente. Durch ihre zahlreichen Konzerte wird sie zu einer Wegbereiterin der so genannten historischen Aufführungspraxis. In den 1920er Jahren gibt sie viele ausverkaufte Konzerte in Frankfurt (Oder) und bereichert so das musikalische Leben der Stadt. Ab 1932 ist die geschiedene Mutter zweier Töchter als Professorin für Cembalospiel an der Berliner Staatlichen Akademischen Hochschule für Musik tätig und spielt auch etliche Werke auf Schallplatte und für den Rundfunk ein.
Da sie nicht darauf verzichten will, besonders qualifizierte jüdische Musiker*innen zu engagieren, gerät sie unter politischen Druck. Aus ihren Positionen verdrängt, kehrt Harich-Schneider 1941 von einer Japantournee nicht nach Deutschland zurück.
In Japan entdeckt Harich-Schneider die historische, buddhistische und shintoistische japanische Musik. Sie lernt Instrumente und Zeremonien kennen, kopiert alte japanische Aufzeichnungen und wird im Laufe der nächsten 20 Jahre zur ersten nichtjapanischen Forscherin dieser musikalischen Traditionen. Ihre japanologischen Veröffentlichungen sind bis heute Referenzwerke. Ihre damalige Liebesbeziehung zum sowjetischen Spion Richard Sorge beschreibt sie unter anderem in ihren Memoiren „Charaktere und Katastrophen“ von 1978. Auch die Graphic Novel „Die Sache mit Sorge“ aus dem Jahr 2008 spielt in dieser Zeit und zeigt Eta Harich-Schneider als Comic-Figur.
Nach dem Krieg unterrichtet sie zunächst in Tokio unter anderem in der Abteilung Hofmusik des Japanischen Kaiserhauses (1947 – 1949). Ab 1949 nimmt sie einen Lehrauftrag in New York wahr, wo sie zugleich Japanologie und Soziologie studiert. Von 1955 – 1972 lehrt sie als Professorin für Cembalo an der Hochschule für Musik in Wien. 1968 erhält sie das Österreichische Verdienstkreuz für Wissenschaft und Kunst und 1977 den hohen kaiserlich-japanischen Hausorden „Von der Heiligen Krone“.
Ihre Bemühungen, ihre alte Position in Berlin wiederzuerlangen, bleiben allerdings erfolglos. In dem von ihr angestrengten Prozess vor dem Berliner Kammergericht wird sie vom Berliner Innensenator wegen ihrer Bittgänge zum damaligen Reichsjustizminister – sie hatte sich für einen inhaftierten Freund eingesetzt – der Nähe zum NS-Regime beschuldigt. Sie unterliegt in allen Instanzen. Bis heute ist sie in Deutschland politisch nicht rehabilitiert und als Künstlerin und Wissenschaftlerin nahezu vergessen.